Einleitung
Das Brandschutzkonzept stellt eine systematische brandschutztechnische Bewertung eines Industriegebäudes oder -ensembles dar. Es basiert auf geltenden baurechtlichen Vorschriften (z. B. Bauordnungen der Länder), der Industriebaurichtlinie, DIN-Normen (insb. DIN 18230) sowie ggf. Sonderbauverordnungen wie der Versammlungsstättenverordnung (VStättVO). Ziel ist es, durch eine Kombination aus baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen ein ausreichendes Schutzniveau zu gewährleisten, das Menschenleben, Sachwerte und Betriebsabläufe im Brandfall schützt.
Das Brandschutzkonzept für einen Industriebau umfasst die gesamtheitliche Betrachtung aller relevanten Gebäude- und Nutzungsbereiche. Es gewährleistet die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sowie ein angemessenes Schutzniveau für Personen, Sachwerte und Betriebsprozesse. Durch die Kombination von baulichem, technischem und organisatorischem Brandschutz wird ein sicheres und genehmigungsfähiges Betriebskonzept ermöglicht.
1. Objektbeschreibung und Bewertungsgrundlagen
Das Industrieareal umfasst typischerweise Verwaltungsgebäude, Produktions- und Lagerhallen sowie eventuell Schulungs- und Präsentationsbereiche. Die Gebäude sind teilweise mehrgeschossig und werden aus Stahlbeton, Mauerwerk oder Trapezblechkonstruktionen errichtet. Die Brandlasten ergeben sich aus der Nutzung, insbesondere durch Büros, Lagerräume, technische Einrichtungen sowie Kunststoff- und Metallverarbeitung in der Produktion.
2. Baulicher Brandschutz
Brand- und Rauchabschnittsbildung
- Die Einteilung der Gebäudeteile erfolgt in klar definierte Brandabschnitte, deren maximale Größe gemäß Industriebau-Richtlinie oder DIN 18230 bestimmt wird.
- Trennwände mit Feuerwiderstandsklasse F90-A/BW dienen der Abgrenzung; Türen sind als T90-RS bzw. T30-RS auszuführen.
- Rauchabschnitte werden dort vorgesehen, wo eine zusätzliche Unterteilung aus Entrauchungsgründen erforderlich ist.
Flur- und Raumabschottung
- Flure werden als notwendige Rettungswege mit F30-Unterdecken und rauchdichten Türen (mit Obertürschließern) gesichert.
- Nebenräume (z. B. Technik-, Server-, Putzmittelräume) sind in F90-Qualität von den Hauptbereichen getrennt.
Bauliche Materialien und Brandlasten
- Die verwendeten Materialien innerhalb sensibler Bereiche (z. B. Theken, Einbauten) sind mindestens schwerentflammbar (nach DIN 4102 B1).
- Offene Brandlasten, wie Akten oder Elektronik, sind in notwendigen Treppenräumen zu vermeiden.
3. Rettungswege
- In allen Geschossen sind zwei voneinander unabhängige Rettungswege vorgesehen, die ins Freie oder in gesicherte Bereiche führen.
- Die maximale Flurlänge beträgt < 30 m; damit wird eine zweite bauliche Fluchtmöglichkeit vermieden.
- Treppenräume sind häufig außenliegend und verfügen über Rauchschutztüren sowie fensterseitige Entrauchungsmöglichkeiten (geöffnete Fensterflächen ≥ 0,5 m²).
- Flure und Türbereiche sind mit ausreichend Breite und Sichtverhältnissen geplant, ggf. unterteilt durch Rauchschutztüren zur Begrenzung von Rauchausbreitung.
4. Entrauchung und Rauchableitung (RWA)
- In allen relevanten Bereichen kommen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) zum Einsatz.
- Diese können manuell und/oder automatisch über die Brandmeldeanlage aktiviert werden.
- Öffnungen im Dach oder in der Fassade (z. B. Lamellenlüfter) dienen als natürliche Rauchabzugswege.
- Die Entrauchung der Flure und Treppenräume erfolgt über mechanische Anlagen oder natürliche Fensterlüftung mit ausreichendem Querschnitt.
5. Technischer Brandschutz
Brandmelde- und Alarmierungseinrichtungen
- Die gesamte Anlage ist mit einer automatischen Brandmeldeanlage (BMA) ausgestattet, die direkt mit der örtlichen Leitstelle verbunden ist.
- In besonderen Bereichen besteht ein Vollschutz (flächendeckende Überwachung), in weniger gefährdeten Zonen ein Teilschutz.
- Zusätzlich erfolgt die interne Alarmierung über akustische Signale.
Löschmittel und Versorgung
- Die Löschwasserversorgung wird nach der Größe der Brandabschnitte bemessen (z. B. ≥ 96 m³/h für 2500 m² Fläche).
- Hydranten befinden sich inner- und außerhalb des Geländes; sie sind auf Plänen gekennzeichnet.
- Feuerlöscher, Wandhydranten und Löschdecken sind entsprechend der Gefährdungsbeurteilung flächendeckend installiert.
Sicherheitsbeleuchtung
- Notbeleuchtung und optische Fluchtwegkennzeichnungen gewährleisten eine sichere Evakuierung im Brandfall.
- Der Funktionserhalt elektrischer Leitungen und Sicherheitsanlagen ist durch Kabelabschottungen (z. B. S90) sichergestellt.
6. Nutzungsspezifische Besonderheiten
Versammlungsstätten & Bestuhlungskonzepte
- Für Schulungs- oder Präsentationsräume, die unter die Versammlungsstättenverordnung fallen, wird die maximale Personenzahl berücksichtigt.
- Bestuhlungspläne mit ausreichenden Gangbreiten und freien Rettungswegen sind Bestandteil des Konzepts.
- Flächen mit mehr als 200 Personen werden gesondert bewertet (z. B. durch Notausgangsbreiten und Brandschutzordnung).
7. Organisatorischer Brandschutz
- Brandschutzordnung Teil A–C wird erstellt.
- Verantwortlichkeiten für Brandschutzbeauftragte, Evakuierungshelfer und Wartungspersonal sind geregelt.
- Regelmäßige Feuerwehrübungen, Unterweisungen und Wartung der Anlagen sind vorgesehen.
8. Abweichungen und Kompensationen
- In begründeten Fällen wird von gesetzlichen Mindestanforderungen abgewichen, z. B. bei Trennwandpositionen oder Bauteilklassen.
- Diese werden durch technische oder organisatorische Maßnahmen kompensiert (z. B. durch zusätzliche Melder, interne Alarmierung, kleinere Brandabschnitte).
9. Anlagen und Nachweise
- Pläne mit Brandschutzkennzeichnungen (z. B. Flucht- und Rettungswege, Hydranten, Trennwände)
- Löschwasserbescheinigungen der Versorgungsunternehmen
- Nachweise über bauliche und technische Maßnahmen