Es gibt im Bereich der Immobilien (Hochbau, Technologien, Bauplanung) verschiedene Zertifikate, mit denen die Eigenschaften im Bereich Nachhaltigkeit bewertet bzw. ausgezeichnet werden:
LEED (Leadership in Energy and Environmental Design)
LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) ist ein international anerkanntes Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen, das vom U.S. Green Building Council (USGBC) entwickelt wurde. Es bewertet Gebäude hinsichtlich ihrer ökologischen und energetischen Qualität in verschiedenen Lebenszyklusphasen – von der Planung über die Errichtung bis zum Betrieb. Die Bewertung erfolgt anhand eines Punktesystems, das mehrere Kategorien umfasst, darunter nachhaltige Standorte, Wassereffizienz, Energie und Atmosphäre, Materialien und Ressourcen sowie Innenraumqualität. Je nach erreichter Punktzahl werden unterschiedliche Zertifizierungsstufen vergeben: Certified, Silver, Gold und Platinum.
Die Flexibilität des Systems erlaubt es, verschiedene Gebäudetypen wie Neubauten, Bestandsgebäude, Schulen oder Wohnhäuser zu bewerten. Dabei werden sowohl technische als auch planerische Maßnahmen erfasst, etwa der Einsatz energieeffizienter Technologien, erneuerbarer Energien, umweltfreundlicher Baumaterialien oder die Berücksichtigung von Nutzerkomfort. In den letzten Jahren hat LEED international an Bedeutung gewonnen, vor allem bei Investoren und Unternehmen, die Wert auf Nachhaltigkeit, Imagepflege und langfristige Kostenoptimierung legen.
Kritisch diskutiert wird allerdings, dass LEED in erster Linie auf nordamerikanische Normen ausgerichtet ist, wodurch die Übertragbarkeit auf europäische Standards begrenzt sein kann. Dennoch bietet LEED insbesondere im internationalen Kontext eine einheitliche Bewertungsgrundlage, die den Vergleich und die Planung nachhaltiger Gebäude erleichtert. Die Weiterentwicklung des Systems, zuletzt in der Version LEED v4, zielt verstärkt auf eine verbesserte Nutzerfreundlichkeit, einen stärkeren Fokus auf Lebenszykluskosten sowie die Integration innovativer Technologien. Auch die Transparenz hinsichtlich Produktinhaltsstoffen und Umweltwirkungen wird zunehmend berücksichtigt. LEED hat sich als wichtiges Instrument für nachhaltige Bauplanung und Immobilienentwicklung etabliert und trägt zur Verbreitung umweltfreundlicher Praktiken im Bauwesen bei.
BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method)
BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method) ist eines der weltweit ältesten und meistgenutzten Zertifizierungssysteme für nachhaltige Gebäude. Es wurde 1990 in Großbritannien durch das Building Research Establishment (BRE) eingeführt und verfolgt das Ziel, ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeitsaspekte von Gebäuden und Infrastrukturprojekten ganzheitlich zu bewerten.
Das System basiert auf einer strukturierten Bewertung in verschiedenen Kategorien, darunter Energie, Wasser, Gesundheit und Wohlbefinden, Materialien, Abfall, Transport, Management und ökologische Wirkung. Jede Kategorie umfasst eine Reihe von Kriterien, für deren Erfüllung Punkte vergeben werden. Die Gesamtpunktzahl bestimmt schließlich das Zertifizierungsniveau: Pass, Good, Very Good, Excellent oder Outstanding. Ein besonderes Merkmal von BREEAM ist seine Flexibilität: Es bietet spezifische Bewertungssysteme für unterschiedliche Gebäudetypen, Nutzungsarten und Projektphasen – von Neubauten über Bestandsgebäude bis hin zu Stadtquartieren. Zudem werden regionale Gegebenheiten berücksichtigt, etwa durch nationale Anpassungen wie BREEAM DE für Deutschland oder BREEAM NL für die Niederlande. Die Zertifizierung erfolgt stets durch akkreditierte Assessoren, was die Objektivität und Nachvollziehbarkeit des Prozesses gewährleisten soll. BREEAM legt besonderen Wert auf die Integration nachhaltiger Maßnahmen schon in frühen Planungsphasen, was eine ganzheitliche Projektsteuerung fördert. Im Vergleich zu anderen Systemen wie LEED oder DGNB gilt BREEAM als besonders etabliert im britischen Markt, wird jedoch zunehmend auch international verwendet.
Kritiker bemängeln gelegentlich die Komplexität des Systems und die damit verbundenen administrativen Anforderungen. Dennoch bietet BREEAM durch seinen modularen Aufbau und die breite Abdeckung relevanter Nachhaltigkeitsthemen ein bewährtes Instrument zur Bewertung und Verbesserung von Gebäudestandards. Es trägt dazu bei, ökologische Auswirkungen zu minimieren, Betriebskosten zu senken und die Lebensqualität der Nutzer zu verbessern. In vielen Märkten gilt ein BREEAM-Zertifikat inzwischen als Qualitätsnachweis für zukunftsfähige Immobilienprojekte und ist häufig Voraussetzung für Investitionen oder öffentliche Aufträge.
DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen)
Die DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) hat mit ihrem gleichnamigen Zertifizierungssystem ein umfassendes Bewertungsinstrument für nachhaltige Gebäude, Quartiere und Innenräume etabliert, das sich durch einen ganzheitlichen Ansatz und eine starke Lebenszyklusperspektive auszeichnet. Das 2007 entwickelte DGNB-System basiert auf einem dreigliedrigen Nachhaltigkeitsverständnis, das ökologische, ökonomische und soziokulturelle Aspekte gleichwertig berücksichtigt. Im Unterschied zu internationalen Systemen wie LEED oder BREEAM legt die DGNB besonderen Wert auf langfristige Qualität und Nutzungsdauer. Das Bewertungssystem umfasst insgesamt sechs Hauptkriterien: ökologische Qualität, ökonomische Qualität, soziokulturelle und funktionale Qualität, technische Qualität, Prozessqualität sowie Standortqualität. Innerhalb dieser Kriterien wird ein Gebäude anhand zahlreicher Indikatoren bewertet, etwa in Bezug auf Energieeffizienz, Ressourcenschonung, Raumluftqualität, Barrierefreiheit, Lebenszykluskosten oder die Qualität der Planungs- und Bauprozesse.
Die Bewertung erfolgt durch unabhängige Auditoren, und je nach Punktzahl wird das Zertifikat in Bronze, Silber, Gold oder Platin vergeben. Besonders hervorzuheben ist die wissenschaftliche Fundierung des Systems, das regelmäßig aktualisiert und auf neue gesetzliche sowie technische Entwicklungen angepasst wird. Die DGNB versteht sich nicht nur als Zertifizierungsstelle, sondern auch als Netzwerk und Plattform zur Förderung des nachhaltigen Bauens im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus. Inzwischen wird das DGNB-System in über 20 Ländern angewendet. Im Vergleich zu anderen Systemen bietet die DGNB eine hohe Transparenz, detaillierte Methodik und die Möglichkeit zur individuellen Anpassung an spezifische Projektziele. Dies macht das System besonders geeignet für anspruchsvolle Bauherren, die Wert auf eine ausgewogene Nachhaltigkeitsbewertung legen. Kritisch angemerkt wird gelegentlich die höhere Komplexität des Bewertungsprozesses, der jedoch durch die fachliche Tiefe gerechtfertigt erscheint. Insgesamt stellt die DGNB-Zertifizierung ein qualitativ hochwertiges Instrument dar, das sowohl zur ökologischen Optimierung von Gebäuden als auch zur Steigerung von Nutzerkomfort und wirtschaftlicher Effizienz beiträgt.
Vergleichstabelle der drei Zertifikate
Kriterium | LEED (USA) | BREEAM (UK) | DGNB (Deutschland) |
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Herkunft / Organisation | USA, U.S. Green Building Council (USGBC) | Großbritannien, Building Research Establishment (BRE) | Deutschland, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. |
Einführung | 1998 | 1990 | 2007 |
Zertifizierungsstufen | Certified, Silver, Gold, Platinum | Pass, Good, Very Good, Excellent, Outstanding | Bronze, Silber, Gold, Platin |
Bewertungskategorien | Standort, Wasser, Energie, Materialien, Raumqualität etc. | Energie, Wasser, Gesundheit, Materialien, Abfall, Management etc. | Ökologie, Ökonomie, Soziokultur, Technik, Prozesse, Standort |
Ansatz | Punktesystem; mind. Anforderungen plus optionale Kriterien | Gewichtetes Punktesystem; anpassbar je nach Gebäudetyp | Ganzheitlich mit Lebenszyklusperspektive und Gewichtung der Kategorien |
Zielgruppen | Global agierende Bauherren, Investoren, v. a. im gewerblichen Bereich | Primär Großbritannien, zunehmend international | Deutschsprachiger Raum, zunehmend international |
Lebenszyklus-Ansatz | Teilweise (Fokus auf Planung & Bau, Betrieb optional) | Ja, mit separaten Standards für unterschiedliche Phasen | Vollständig integriert (Planung, Bau, Betrieb, Rückbau) |
Anwendungsbereich | Neubau, Bestand, Quartiere, Innenräume | Neubau, Bestand, Infrastruktur, Quartiere | Neubau, Bestand, Innenräume, Quartiere |
Anerkennung International | Sehr hoch, besonders in USA, Asien, Naher Osten | Sehr etabliert in Europa, besonders in UK | Stärkere Verankerung im DACH-Raum, wachsend international |
Zertifizierungsprozess | Durch akkreditierte LEED-Professionals (LEED AP, Green Rater) | Über lizenzierte BREEAM Assessoren | Über ausgebildete DGNB-Auditoren |
Besonderheiten | Internationaler Standard, große Bekanntheit | Erste Umweltbewertung für Gebäude, anpassbar an lokale Kontexte | Sehr detailliert, wissenschaftlich fundiert, hohe Flexibilität |
Kritikpunkte | USA-zentriert, nicht immer mit europäischen Normen kompatibel | Komplexe Struktur, hohe Dokumentationsanforderungen | Komplexe Bewertungsmethodik, aufwändig für kleinere Projekte |